Samstag, 24. Januar 2009
 
Südafrika/Weltwirtschaft: Die Globalisierung der Apartheid PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Dennis Brutus & Patrick Bond, Centre for Civil Society, Universität Natal   
Donnerstag, 30. August 2007

Was Südafrikas Präsident Mbeki "globale Apartheid" nennt, braucht wie in den schlechten alten Tagen anscheinend seine Bantustans, auf denen herumgetreten werden kann.

Wir sind Zeugen des Zusammenbruchs der Johannesburger Börse, die (nach Azar Jammine von "Econometrix") zwischen dem 23. Juli und dem 24.August 700 Mio Rand verlor (17% ihres Gesamtwertes, etwa 6,7 Mrd. Euro) - eine Summe die annähernd der Hälfte des jährlichen BNP Südafrikas entspricht.

Seit dem Niedergang des Finrand-Systems 1995 hat die südafrikanische Währung vier intensive Attacken über sich ergehen lassen müssen und stellte letztes Jahr die weltweit schlechteste Währung dar. Eine Schwachstelle bietet das Land auch durch die Entscheidung des Staates, 25 Mio. $ Schulden noch aus den Apartheid-Zeiten zurückzuzahlen - eine Schuld, die nach internationalem Gesetz auf Grund der abscheulichen politischen Umstände von damals längst als verfallen gelten würde - und damit in der Folge zu erlauben, dass sich die Finanzzentren der grössten sudafrikanischen Firmen nach London absetzten.

Wegen periodischer Währungszusammenbrüche und ohne Organe der Währungskontrolle war das Interesse am lokalen Investment gering und "hot money"-Fluchtkapital-Zuflüsse sowie Portfolio Investments destabilisierten die Wirtschaft.

Die Börse boomte, während sich die Wirtschaft mit einem Handelsdefizit von 7% in der Gefahrenzone befand - dieselbe Situation wie in den USA, wo die Knie der grossen Kapitalisten ein wenig zitterten, nach dem, was sie durch ihre Manipulationen des Subprime Housing Market in Gang gesetzt hatten. (1)

Auch haben Südafrikas Finanziers durch ihre Aktionen die Preise zwischen 1997 und 2004 im Durchschnitt um 200% in die Höhe getrieben - verglichen mit einer Steigerung von 60% in den USA.

Da sieht es doch so aus, als ob Südafrika im System der globalen neoliberalen Apartheid die Rolle des Bantustans einnehmen würde.

Es gelten 3 Minimalanforderungen für die Eliten des Homeland:

-> Politiker, die mit Pretoria assoziiert waren, bekamen sofort Legitimisierungen für ihre Aktionen, sobald sie unter Druck kamen (Heute beschwören die südafrikanischen politischen Eliten immer sofort die Notwendigkeiten in Bezug auf die "International Community").

-> Die Machthaber waren immer sofort bereit, lokalen Widerstand mit aller Gewalt zu unterdrücken. (Von Beispielen brutaler Polizeaktionen gegen jede Form des Protests gibt es jeden Tag in den südafrikanischen Zeitungen zu lesen. - s. Sebokeng Protestaktion, 14. August 2007, (2))

-> Und vor allem geht es in der globalen wie in der alten Apartheid um billige Arbeitskräfte. Menschen, die mit allen Mitteln gezwungen werden, für ihr blosses Überleben für jeden Preis jede Arbeit anzunehmen. Billige Migranten, die keiner Organisation angehören und damit keine Möglichkeit haben, irgendwelche Rechte zu verlangen, bilden das unerschöpfliche Arbeitskräftereservoir in den Metropolen der Welt. (Südafrika hat nach 1994 seine Arbeitslosigkeit verdoppelt, sie liegt nun - seit seinem neuen Bekenntnis zur Export-Orientierung bei über 40%.)

Heute besteht die schäbige Politik weltweit in der Hauptsache darin, mit nie endenden Reformen an der globalen Apartheid herumzudoktern, ihre grundlegende Struktur aber nicht anzutasten.

Als Paul Wolfowitz von Washington im April 2005 als Weltbankpräsident eingesetzt wurde, wurde er von den meisten Finanzleuten - auch in den "Bantustans" der Welt als "wunderbares Individuum - vollkommen am richtigen Platz" willkommen geheissen.

2 Jahre später, nach dem fatalen Nepotismus-Skandal um ihn wird sein Nachfolger Robert Zöllick (ein Mitglied des "Project for the New American Century", einem notorischen neokonservativen Pro-Krieg-Think-Tank) genauso begeistert willkommen geheissen.

Genausowenig wie in seinem Fall werden momentan die "Bantustans" der Welt konsultiert, wenn das Amt des Direktors des Internationalen Währungsfonds nach dem Rücktritt Rodrigo de Ratos sicher mit einem weiteren Neo-Konservativen besetzt werden wird. Traditionell wurde dieses Amt immer von einem Europäer besetzt. Brüssel hat zwar versprochen, daß in fünf Jahren nach Ende der vorgesehenen Amtsperiode des nun zu bestellenden Direktors ein Kandidat aus den Schwellenländern zum Zug kommen soll, aber für die jetzige Periode wurde von den 27 EU-Staaten der ehemalige französische Finanzminister Dominique Strauss-Kahn nominiert.

Mbeki empfing letzten Monat Strauss-Kahn und beschrieb ihn als "sehr kompetente Persönlichkeit, von der der IWF und mit diesem die gesamte sich entwickelnde Welt enorm profitieren würde".

Dieselbe Dienstfertigkeit lässt sich bei den Treffen der afrikanischen Finanzminister in Maputu feststellen und lässt befürchten, dass der G20-Gipfel im November in Kapstadt ähnlich ablaufen wird.

Allerdings gibt es auch jemanden wie Hugo Chavez, der bei seinem letzten Besuch in Südafrika 2002 anlässlich des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung bemerkt hat:
"Wir müssen das Format dieser Gipfelkonferenzen radikal ändern. Wir lesen hier bloss Reden vor. Es gibt keine ernsthaften Dialog, es scheint ein Dialog für taube Menschen zu sein. Manche Leute gehen von Gipfel zu Gipfel und unsere Leute gehen währenddessen von Abgrund zu Abgrund."

Letzte Woche marschierten immerhin 30 000 Menschen vom Abgrund des Townships Alexandra zum Eliten-Abgrund von Sandton, um Mbeki in seiner Rolle als Verantwortlicher für Privatisierung der Wasser-Ressourcen und damit als Verantwortlicher für den Klimawandel und die sich dramatisch verschlimmernde Armut der Bevölkerung an seine Aufgaben zu erinnern.

Südafrikas Linke, die am lautesten und rigorosesten die korporalen Auswirkungen der Globalisierung kritisiert, ist dabei, sich verschiedene Wunden zu lecken - die meisten davon sich selbst zugefügt. Und die Aufmerksamkeit der Gewerkschaften und kommunistischen Parteien wird sich weiterhin auf die für sie veranstalteten Elite-Workshops richten.

Als letztes Jahr in Melbourne der G20-Gipfel der Finanzminister stattfand und 10 000 Protestierende das Ende der globalen Apartheid forderten, sagte der südafrikanische Finanzminister Trevor Manuel (und schien damit eine gewisse Resignation auszudrücken und müde aus der Schule zu plaudern): "Es gibt immer noch gute Gründe für IWF und Weltbank zu existieren, aber sie sollten ihre Aufgaben wirkungsvoller versehen, als sie es tun."

Quelle: http://www.ukzn.ac.za/ccs/default.asp?2,40,5,1387
Übersetzung: Eva Kumar; Überarbeitung: DAZ

Links:
(1) http://en.wikipedia.org/wiki/Subprime_mortgage_financial_crisis
(2) http://www.mg.co.za/articlepage.aspx?area=/breaking_news/
breaking_news__national/&articleid=316524&referrer=RSS


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